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#opco11 Nachlese: Gelungenes Experiment – nachhaltige Erkenntnisse?

Opco-Puschel – ein echter Wiedererkennungs- und Zusammengehörigkeits-Markenzeichen, von dem sich einige TeilnehmerInnen nur schwer trennen konnten.

(Bildquelle: Opco-Puschel – ein echter Wiedererkennungs- und Zusammengehörigkeits-Markenzeichen, von dem sich einige TeilnehmerInnen nur schwer trennen konnten.)

11 Wochen Opco11

Offiziell ist der erste deutschsprachige offene Onlinekurs bereits in der Woche 11: (11. – 17. Juli) zu Ende gegangen, die Nachwirkungen halten jedoch, hoffentlich noch lange an, wie zum Beispiel die Initiativen von J. Hamadeh, L. Reß, D. Giebel oder H. Sievert zeigen. Auch dieser Tweet von T. Larbig, der reichlich kommentiert wurde, spiegelt etwas die Stimmung vieler Teilnehmer nach dem Opco wider:

Tweet-Larbig

Gelungenes Experiment!

Zu allererst ein mutiges Experiment den ersten deutschsprachigen MOOC, nach dem Vorbild von G. Siemens und S. Downes zu initiieren. Natürlich wurde der OPCO nicht von „unbeschriebenen Blättern“ ins Leben gerufen, sondern von zwei langjährig in der E-Learningszene bekannten Persönlichkeiten, die jeweils sehr gut vernetzt sind. Das besonders Glückliche bei dieser Zusammenarbeit ist der leicht unterschiedliche Erfahrungshintergrund der beiden Hauptprotagonisten, die sich regelmäßig zu diesen Themen auf Tagungen etc. austauschen. Claudia Bremer ist eine Expertin aus dem universitären, mehr forschungsnahen Bereich, während Jochen Robes sich mehr praxisorientiert dem Thema Weiterbildung und lebenslanges Lernen widmet, ohne dabei die wissenschaftliche Fundierung zu vernachlässigen. Theorie und Praxis vereint mit einer Teilnehmeranzahl (rund 800 Anmeldungen gleich zu Beginn), die wirklich als „massiv“ bezeichnet und schon allein deshalb als gelungenes Experiment gewertet werden kann.

Konzept und Methode – eher experimentell!

Wie schreibt A. Brücken in ihrem Blogbeitrag so treffend: “Grundhaltung des OpenCourse aus meiner Sicht: nun lasst uns mal sehen.“ Genau meine Meinung, in einem „offenen Kurs“ ist nun mal vieles offen und nicht vorbestimmt. Das Hauptthema „Zukunft des Lernens“ sowie die sorgfältig untergliederten Teilthemen waren im Kursblog mit einer umfangreichen Quellensammlung und anregenden Fragestellung angereichert. Ein Lernziel aber suchte manch einer sicher vergebens. Und das war die eigentliche Herausforderung, individuell aus dem Angebot und der sehr dynamischen Vernetzung, für sich selbst als Lerner einen Mehrwert (oberstes Lernziel) zu gewinnen. Das konnte z.B. der Hinweis auf bestimmte Tools und Einsatzszenarien sein. Durch die Expertenrunden bestand aber auch die Möglichkeit, deren Meinung zu bestimmten, dezidierten Themen (z.B. Mikro-Learning) einzuholen und zu reflektieren, also mehr inhaltlich zu lernen. Genau diese Bandbreite von Angeboten macht die Herausforderung eines MOOC´s eben aus.

Nachhaltige Erkenntnisse?

Zunächst einmal hat ein MOOC wenig mit einem allgemein bekannten „Kurssetting“ zu tun (vgl. G. Siemens). Ob dies allen opco-Teilnehmern bekannt war, bzw. ist? Etwas unglücklich darüber, meint C. Bremer dazu: „Das Wording schafft eine falsche Erwartungshaltung“. J. Robes diagnostiziert, dass „viele Probleme hängen an dem blöden Kursbegriff“. Richtig, also kann in zukünftigen MOOC´s nur vor der falschen Erwartungshaltung gewarnt werden. Ein MOOC lebt eben noch mehr und auf eine noch anspruchsvollere Weise von den Aktivitäten der Teilnehmer und nicht in erster Linie von den Beiträgen der Organisatoren. Apropos Teilnehmer, Anfangs war die Rede von ca. 800 Anmeldungen, an der Abschlussbefragung haben immerhin 64 teilgenommen – nein hier folgt keine neue Lurkermotivationsdebatte. Weitere nachhaltige Erkenntnisse ergeben sich bestimmt – spätestens bei der Teilnahme/Organisation des nächsten MOOC´s, das ist sicher!

Wichtigstes Lerntool: Twitter?

Wer hätte das gedacht, nicht nur als Teilnehmer gefühlt, sondern auch in der Abschlussumfrage wird Twitter als der wichtigste Kommunikationskanal (56,3%) zur Teilnahme am Kurs genannt, allerdings dicht gefolgt vom Kursblog (46,9%). Letzteres spricht für den übersichtlichen Aufbau des Blogs und die interessanten Blogbeiträge sowie Kommentare der Teilnehmer, auch wenn die Meinungen in der Umfrage darüber teilweise auseinander gehen (vgl. Umfrageergebnis Frage 7.). Mit diesem so eindeutigen Ergebnis für Twitter hätte ich nicht gerechnet. Unabhängig von Twitter – die beachtliche Vorarbeit auf Seiten der Organisatoren, bei der sorgfältigen Zusammenstellung des Kursblogangebotes hat sich auf jeden Fall gelohnt, davon werde ich im Nachgang noch einige Zeit profitieren.

Lobkultur fördern – herzlichen Dank!

Die Sache mit dem halbvollen (!) Glas… Glück gehabt, dass ich bei diesem sehr gelungenen Experiment dabei sein durfte. Nach meiner Wahrnehmung gab es ganz viel Lob für diesen gelungenen Auftakt und natürlich auch ein wenig Kritik und sogar Selbstkritik. Ich meine, dass mehr Gelassenheit auf allen Seiten dazu führt, dass mehr solcher hervorragender Experimente gewagt werden. Dazu ist es auch und gerade in der Onlinekommunikation wichtig (insbesondere im deutschsprachigen Raum!) die Lobkultur mehr zu fördern. Also abschließend ein ganz großes Lob für diesen anerkennenswert, gelungenen MOOC, verbunden mit einem ganz herzlichen Dank an die Hauptinitiatoren Claudia Bremer, Jochen Robes und David Weiß (just in time service admin – super).

Woche 10 (4. – 10. Juli): Gut lernen für die Zukunft? Lernen für eine gute Zukunft? Qualität im lebenslangen Lernen

lebenslanges Lernen

Von wegen Endspurt: Qualität im lebenslangen Lernen (Bildquelle)

Das Thema der 10. Woche des Opco11 ist eine große Herausforderung. Es ist nicht trivial und wohl bislang nur wenig erforscht, insbesondere vor dem Hintergrund des beschleunigten Wandels, in der die Informationstechnologie eine zunehmend wichtigere Rolle einnimmt und die Halbwertszeit des Wissens dramatisch abnimmt. Die Bedeutung von Netzwerken nimmt weiter zu, während die Aktualitätslücke in der Wissensvermittlung immer größer wird. (vgl. G. Siemens)

Vernetztes Lernen fordert mehr Selbstbestimmung und -verantwortung

Auch wenn man den Postulaten des Konnektivismus nicht in allen Punkten zustimmt, so wird sich allein aufgrund der zunehmend vielfältigen Möglichkeiten des vernetzten Lernens die Situation in Hinblick auf lebenslanges Lernen in Zukunft deutlich mehr hin zum selbstgesteuerten bzw. selbstverantworteten Lernen entwickeln. Vor diesem Hintergrund sind die auf der Opco-Seite gestellten Fragen sehr zentral:

  1. Müssen wir jeder und jede für sich selbst in Zukunft die Qualität sichern – da lebenslanges Lernen ja wirklich viel zu vielfältig und verschieden sein kann, um einen allgemeinen Ansatz dazu zu machen?
  2. Oder müssen Bildungsangebote und -anbieter dafür sorgen, dass lebenslanges Lernen dazu passt, was wir brauchen und sich dabei um eine gute Qualität kümmern?
  3. Kann man im Zuge von lebenslangem Lernen noch von einer “objektiven” Bildungsqualität sprechen?

Beteiligte, die sich finden müssen

Die Antworten auf die o.g. Fragen erfordern mindestens zwei Perspektiven, nämlich die des Lerners sowie die des Bildungsanbieters, die man zunächst getrennt betrachten kann, die aber auf keinen Fall ohne Wechselwirkung sind. Muss der selbstbestimmte Lerner in Zukunft seine Lernqualität selber sichern? Musste er das nicht schon immer? Letztlich entscheidet der Lerner selbst über seine Qualitätsdimensionen. Diese könnten vereinfacht zum Beispiel in der Festlegung seines Lernziels liegen, die Lerneffizienz über die eigene Zeitplanung berücksichtigen bis hin zu einem wie auch immer gearteten Budget, was er dafür vorsieht. Ein schönes und ebenso pragmatisches Beispiel beschreibt Jasmin Hamadeh in ihrem Beitrag „Können wir Qualität zu selbstorganisierten Lernprozessen hinzu liefern?“ In diesem Beitrag fließt auch gleich die zweite Perspektive bzw. die Wechselwirkung ein. Die Autorin fordert, “Gib mir Zwang.“ (zeitliche Dimension), „Stand by my side“ (kollaborative Dimension), „Experten her!“ (Fachkompetenz-Dimension), „Ich brauch ein Navi“ (Betreuungs-Dimension). Hier wird die Wechselwirkung zwischen dem Lerner, einer Community of Practice und ggf. einem Bildungsanbieter im Lernprozess beschrieben. So wird nicht nur das Lernen, sondern auch die Qualitätssicherung sehr individuell.

Opco11, ein vorbildliches Beispiel für den Wandel

Wenn in einem solchen laufenden Lehr-/Lern-Prozess (nicht erst nach Abschluss!) im Sinne der Qualitätssicherung nachgesteuert wird, dann ist das insbesondere für den Bildungsanbieter eine große Herausforderung, die in Zukunft aufgrund der medientechnischen Möglichkeiten immer anspruchsvoller wird. Das Opco11-Team hat dies in einigen Situationen vorbildlich, also schön nach klassischem Qualitätssicherungsprinzip (pdca-Zyklus) geschafft. Plan: vgl. Opco11-Website, Do: vielfach vernetzte Beiträge der Teilnehmer und Referenten, Check: Beobachtung verschiedener Feedbackkanäle (sicher mit die größte Herausforderung!), Act: Anpassung z.B. des Konzeptes der Online-Session´s, soweit auch die Experten so flexibel waren.

Die Wechselwirkung macht´s …

Qualität zu bestimmen, bedeutet immer eine Referenz (Qualitätsziele, Standards, Expertenfeedback, usw.) zu haben, mit der man individuelle Qualitätsergebnisse vergleichen kann. So individuell diese Ziele und Ergebnisse auch sind, eine „gewisse Objektivität“ erfordert eine qualifizierte Referenz. Welche Maßstäbe an diese qualifizierte Referenz im Einzelfall zu setzen sind, hängt sicher wieder individuell davon ab, was der Lerner erreichen möchte. Also z. B. für eine Privatpilotenlizenz ist eine Flugschule eine geeignete Referenz, während für einen akademischen Abschluss eine Universität oder Hochschule eine entsprechende Referenz darstellt. Ob damit allerdings “objektive” Bildungsqualität gesichert werden kann? Was ist eigentlich „objektive“ Bildungsqualität?

E-Portfolio als die Chance?

Qualität im lebenslangen Lernen, bedeutet insbesondere Lernergebnisse,-erfolge inklusive der o.g. Bewertung durch eine geeignete Referenz zu dokumentieren. Hier sehe ich die Chance für den Einsatz von E-Portfolios, wie bereits auch an einigen Schulen (z.B. in Hessen) und Hochschulen (z.B. TUHH, JL-Uni Giessen) praktiziert wird. Irre ich mich, oder wäre dieses Instrument nicht gerade für die Qualitätssicherung im Prozess des lebenslangen Lernens quasi prädestiniert? Warum findet dieses Instrument so wenig Verbreitung? Was sind dabei die größten Herausforderungen? Wie sieht es z.B. mit der Portabilität aus? Wie kann der Lerner seine Daten zukunftsorieniert, persönlich sichern?

Weitere Stellungnahmen, Anregungen und Fragen sind im Etherpad zu finden. Wir dürfen auf eine anregende Diskussion in der Online-Session gespannt sein.