von Volkmar Langer | Mai 26, 2013 | Konnektivismus, Lebenslanges Lernen, MOOC |
Bildquelle Opensourceway
Einem Aufruf zur Blogparade: Hilfe, mein Prof blogt! von Anja Lorenz im Rahmen des ersten Saxon Open Online Course (#SOOC13) folgend, geht es hier um meine individuelle Beantwortung der einfachen Frage: Warum blogt Ihr eigentlich?
Und in der Tat die dort bereits ausgeschlossenen Vorannahmen: „Blogposts werden auf keiner Publikationsliste erwähnt. Blogposts werden bei Anträgen um Drittmittel nicht berücksichtigt. Blogposts werden vielleicht noch nicht einmal von den eigenen Mitarbeitern oder Studenten gelesen.“ sind auch für mich nicht ausschlaggebend.
Informeller Erfahrungsaustausch
Der besondere Reiz des Bloggens liegt vielmehr im informellen Charakter, die eigene Meinung darf hier einfließen, ganz im Gegensatz zum Vorgehen beim wissenschaftlichen Publizieren. Das macht den Erfahrungsaustausch nicht nur persönlicher, sondern in der Regel auch viel unmittelbarer und schneller. Während die Inhalte und Gedanken, die ich mir zu einer Publikation mache meistens zum Zeitpunkt der Veröffentlichung lange zurück liegen, ist die Aktualität eines Blogs inklusive der Response darauf sehr viel zeitnäher und weil informell meistens auch authentischer.
Vernetztes Lernen schafft Mehrwert
Ich sehe den individuellen Blog als einen persönlichen Knotenpunkt im vernetzten Lernen, ganz im Sinne des konnektivistischen Modells. Ich bekomme unmittelbares Feedback (auch keine Kommentare sind Feedback ;-)), kann themenfokussierte Diskussionen führen und dabei neue Ideen entwickeln. Der Knotenpunkt befähigt mich zur adäquaten Partizipation in „meiner Lern-/Forschungscommunity“ sowie auch in offenen Online Kursen. Die Dialoggruppen sind nicht auf wenige Spezialisten begrenzt, sondern offen für die breite Öffentlichkeit. Die resultierende Vernetzung und damit die Kommunikation erfolgt auf Augenhöhe. Das hat bei mir schon oft zur Erweiterung meines Horizonts geführt und ist für mich ein unschätzbarer Mehrwert.
Wandel hin zur öffentlichen Wissenschaft
Die Entwicklung des Internets von einer rein technischen Kommunikationsplattform hin zu einem sozialen Netzwerk hat unmittelbare Auswirkungen auf die Art und Weise wie sich Wissenschaft austauscht und organisiert. Ich sehe darin eine besondere Chance für Wissenschaftler sich über ihre eigene Wissenschaftscommunity hinaus mit Interessierten aus ganz unterschiedlichen Bereichen auszutauschen. Wissenschaft und Praxis können dadurch viel effektiver zusammengeführt und Barrieren abgebaut werden. Für mich ist z.B. Christian Spannagel ein Vorbild als öffentlicher Wissenschaftler, der mit viel Mut und Geschick die Verbindung von Wissenschaft und Praxis (Schule) insbesondere über seinen Blog als persönlichen Knotenpunkt pflegt. Für mich ein schönes Gefühl, diesen Wandel ein wenig mitgestalten zu können.
Gedanken sortieren, Themen reflektieren
Beim Schreiben, nicht nur eines Blogartikels, sortiere ich meine Gedanken. Während das Denken auditiv ist, kommen beim Schreiben der visuelle und der kinästhetische Kanal hinzu, was bei mir oft die Kreativität fördert. Insofern ist das Schreiben an sich ein für mich ein kreativer Prozess – das Prinzip der Schriftlichkeit fördert die Kreativität, insbesondere mit den vielen Möglichkeiten der Medienintegration durch das Web. Manchmal reicht es deshalb Themen aus anderen Quellen/Blogs zu reflektieren, um sich seiner eigenen Position klarer zu werden.
Myself-Kurator – individueller Wissensspeicher
Sicher gibt es im Web eine ganze Reihe von Tools mit denen ein persönlicher Wissensspeicher einfacher gepflegt werden kann. Für die tägliche Pflege nutze ich zum Beispiel Scoop.it, Learni.st oder Diiego. Die sozialen Netzwerke Twitter, Facebook oder G+ sind mir dafür zu wenig geeignet und ich habe meine Inhalte damit auch ganz aus der Hand gegeben. Vor dem Hintergrund der allgegenwärtig drohenden Informationsüberflutung sehe ich gerade Blogs, die mich persönlich interessieren als eine der wichtigsten moderierten Firewalls, die mir mit ihrer gefilterten Information viel Arbeit abnehmen. Das Zauberwort digital curation oder content curation bezeichnet genau diese Auswahl und individuelle Pflege von Inhalten bestimmter Themenbereiche, häufig in Form eines Blogs – hier sei als Vorbild Jochen Robes angeführt. Im Sinne dieser individuellen Pflege und schnellen Auffindbarkeit macht es mir einfach Spaß mehr oder weniger regelmäßig den eigenen Wissensspeicher zu füllen.
Nach dem Motto in der Kürze liegt die Würze, soweit meine fünf wichtigsten Punkte zu meiner Motivation.
von Volkmar Langer | Apr. 6, 2013 | MOOC, OER |
Am Montag, 8. April 2013 startet ein weiterer deutschsprachiger MOOC zum Thema „Open Educational Resources“ (OER), der COER13. Als Veranstalter bringen sich eine Reihe erfahrener Fachleute ein – garantiert qualitativ hochwertig! Das Programm bzw. der Kurs soll einen Überblick über Theorie und Praxis von offenen Bildungsressourcen bieten. Der COER13 ist für den Zeitraum vom 8.4. – 28.6.2013 angesetzt.
Zur Motivation haben Sandra Schön und Martin Ebner ein schönes Einstiegsvideo produziert:
Wer noch mehr über den Verlauf, die Organisation und die Inhalte erfahren möchte kann sich dazu die Aufzeichnung des #pb21-Webtalks ansehen. Für den Einstieg in das Themenfeld OER ist der Wikipedia-Artikel Open Educational Resources mit etlichen Primärquellen ebenfalls sehr gut geeignet und ein ausführliches Dossier ist auf der Seite „#PB21 | Web 2.0 in der politischen Bildung“ zu finden.
Meine Kursziele
Rechtssicherer Umgang mit urheberrechtlich geschützten Lehr-/Lernmaterialien ist zurzeit die Herausforderung für alle mit Bildung beschäftigten Personen und Institutionen. Nehmen wir zum Beispiel den Übergang von klassischen Lehr-/Lernszenarien (geschlossenes Setting) zum modernen Flipped Classroom Konzept. Werden die Inhalte über ein geschlossenes Lernmanagementsystem verteilt ist hierzulande unter bestimmten Voraussetzungen (§ 52a UrhG) rechtlich alles in Ordnung. Öffnen wir dieses Szenario und entwickeln es z.B. zu einem offenen Online Kurs weiter, kann es schnell rechtliche Probleme nach sich ziehen. Also wie können wir auf möglichst einfache (kostengünstige) Weise Lehr-/Lernmaterialien (OERs) erzeugen, die auch in Deutschland einen rechtssicheren Einsatz ermöglichen? Haben die CC-Lizenzmodelle auch in Deutschland eine gesicherte Rechtsverbindlichkeit? Wie ist die praktische Handhabung in/auf verschiedenen Medien zu gestalten? Fragen über Fragen…
von Volkmar Langer | Feb. 25, 2013 | E-Learning, FlipClass |
Vor einem Jahr fand die erste deutsche Konferenz ICM 2012 zum Inverted Classroom Model (synonym auch Flipped Classroom) in Marburg statt. Seitdem gab es auch hier zu Lande eine Reihe mutiger Lehrender, die dieses Modell in ihren Lehralltag integriert haben. Einige werden auf der diesjährigen ICM 2013 sicher vorgestellt und diskutiert. Es geht also um Lehren und Lernen im Wandel: Wieviel „Vorlesung“ braucht ein/e Studierende/r im Zeitalter von YouTube, Wikipedia, Facebook und Google noch? Wie können neue Formate (z.B. Inverted Classroom oder Offene Online Kurse) die Lernenden zeitgemäß beim Lernen unterstützen? (Bildquelle)
Das Bologna-Dilemma – Punkte sammeln
Die Bologna-Reform hat in unseren Hochschulen viel in Bewegung und auch positive Veränderung gebracht, insbesondere was Sicherung von Mindestqualitäten und die Transparenz von Lehr-/Lerninhalten angeht. Auch eine adäquate Abschätzung des studentischen Arbeitsaufwandes (Workload) soll jetzt in den Curricula der Bachelor-/Masterstudiengänge berücksichtigt werden. Inhalte, die zu einem gemeinsamen Lehr-/Lernziel beitragen, werden zu Modulen zusammengefasst. Modulprüfungen erbringen die Studierenden studienbegleitend. Soweit die Theorie! Die Praxis sieht jedoch anders aus. Zum Thema „Workload“ und dessen Wahrnehmung, hat sich der Kollege Schulmeister in seiner „Zeitlaststudie“ bereits ausführlich geäußert. Ein anderer Problembereich, der auch dem System geschuldet ist, liegt im eigentlichen Lernen bzw. der Lernkultur die dadurch gefördert wird. Auf der Jagd nach den 30 ECTS-Punkten pro Semester wird oftmals nicht nachhaltig gelernt, sondern Prüfungs-spezifisch selektiert:“Ist das Klausur-relevant, Herr Professor?“ und überhaupt „wie komme ich am effizientesten an meine Punkte?“. Die Lernkultur ist durch dieses System stark prüfungsorientiert und nicht wie ursprünglich geplant Lerner- und Kompetenz-orientiert.
Neues Lernformat – neue Chancen?
Beim Inverted Classroom Model (ICM) werden die Lehr-/Lernaktivitäten in der Weise vertauscht (invertiert), dass das Erschließen der Inhalte nicht mehr gemeinsam in einer Vorlesung geschieht, sondern individuell im Selbststudium im eigenen Lerntempo wann und wo der Lerner es möchte. Die gemeinsame Präsenzveranstaltung kann in diesem Modell mit wertvollen „Mehrwertaktivitäten“ gestaltet werden. Zum Beispiel vertiefen Studierende das Verständnis der Inhalte durch Diskussionen und Fragen im „aktiven Plenum“. Das Wissen kann in Übungen oder Fallstudien angewandt oder auf andere Fragestellungen transferiert werden. Dadurch wird die Kontinuität im Lernprozess gefördert, insbesondere dann, wenn ein Kompetenz-orientierter Leistungsnachweis und nicht eine Klausur den Lernfortschritt dokumentiert. Wenn es gelingt, in der Präsenzveranstaltung einen echten Mehrwert zu schaffen und den Leistungsnachweis nicht von einer Stichtagsprüfung abhängig zu machen, dann sollte damit auch eine Qualitätssteigerung im nachhaltigen Lernen möglich sein.
Grundlagenmodul in der Wirtschaftsinformatik „Vernetzte IT-Systeme“
Im vorliegenden Beispiel geht es um ein Grundlagenmodul im dualen Bachelor-Studiengang Wirtschaftsinformatik (B. Sc.), der sechs Semester umfasst. Im dritten Semester findet das Modul „vernetzte IT-Systeme“ (VIT) statt. In der Modulbeschreibung ist das Qualifikationsziel wie folgt definiert: „Die Studierenden sind mit den grundlegenden Begriffen vernetzter IT-Systeme vertraut und … Sie können den Aufbau heterogener lokaler Netze klassifizieren und selbstständig planen.“ Als Voraussetzung für die Belegung des Moduls ist das Modul „Grundlagen der Informatik“ erfolgreich vorher abgeschlossen. Das Modul VIT selbst dient als Grundlage für weitere Module z.B. „Netzwerkmanagement“, „Netzwerksicherheit“ oder „Web-Engineering“.
Es wurde in den vergangenen Jahren „klassisch“ als seminaristische Vorlesung mit Übung/Praktikum und abschließender Klausur angeboten. Die einzige Besonderheit, die aufgrund des dualen Studiums integriert war, bestand in der sogenannten Praxisrecherche, ein Arbeits-/Rechercheauftrag, den die Studierenden bereits während ihrer betrieblichen Praxisphase zur Vorbereitung des Moduls erarbeiteten. Der Workload umfasst 5 ECTS-Anrechnungspunkte, also einen Lernaufwand von insgesamt 150 Stunden. Davon waren ca. 60 Stunden Präsenzveranstaltung und 90 Stunden Selbststudium vorgesehen. Die lernortübergreifende Betreuung findet über das Lernmanagement System ILIAS statt. Die Größe der Studiengruppe umfasst typischerweise 25 Studierende.
Neues didaktisches Konzept
Als vorrangiges Ziel einer Integration des ICM war es für uns wichtig, die Qualität und die Nachhaltigkeit im Lernen zu verbessern. Im neuen didaktischen Ansatz sollte also nicht nur die Distribution der Inhalte geändert werden, sondern auch die Präsenzphase gleichen Umfangs und der Leistungsnachweis sinnvoll gestaltet werden. Der Ablauf des Lehr-/Lernszenarios ist in der Abbildung dargestellt. Zu Beginn des Semesters befinden sich die Studierenden noch am Lernort des Betriebes. Sie werden über das LMS in den Kurs „VIT“ eingeladen und bekommen dort ihre Rechercheaufgabe.
Wir haben uns entschieden diese Aufgabe von einer Gruppenaufgabe jetzt auf eine individuelle Aufgabe umzustellen. Jeder Studierender erstellt zum Thema einen Wiki-Beitrag, der gewissen Mindestanforderungen (eigenes Bild, beschreibender Text und Quellen zur Vertiefung) genügen muss.
Noch während der Praxisphase bekamen die Studierenden nach erfolgreicher Bearbeitung der Rechercheaufgabe den Zugang zu den Inhalten des ersten Kapitels freigeschaltet. Die Inhalte waren in insgesamt sechs Kapitel unterteilt. Als Lernmaterialien wurden neben der Standardliteratur die Leer/Lehrfoliensätze, Screencasts und Selbsttests angeboten. Die Selbsttests dienten auch zur weiteren Taktung. War ein Selbsttest am Ende eines Kapitels mit 80% erfolgreich abgeschlossen, konnte der Teilnehmer nach eigenem Ermessen mit dem nächsten Kapitel bereits beginnen.
Zur Vorbereitung der Präsenzveranstaltung lag die Anforderung an die Studierenden darin, dass diese jeweils das im Organisationsplan vorgesehene Kapitel selbständig vorbereitet und den Selbsttest erfolgreich abgeschlossen hatten. Interessanterweise hatte ein Drittel der Studierenden bereits vor der ersten Präsenzveranstaltung sämtliche Selbsttests erfolgreich abgeschlossen.
Vorbereitung der Materialien – Videos als Lernnuggets
Die Inhalte des Moduls haben wir mit drei Kollegen (Autor gemeinsam mit M. Meron und F. Schimanke) in sechs Kapitel unterteilt und vorab als Screencasts (Bildschirmaufzeichungen) mit der Videoaufzeichnungssoftware Camtasia Studio von TechSmith vorproduziert. Als Basis dienten uns dabei bereits vorhandene Leer/Lehrfolien, die wir in einem „Frage-Antwortszenario“ zu zweit vor der Kamera vorgestellt und erarbeitet hatten. So kamen insgesamt ca. 45 Lernnuggets in Form von etwa 10minütigen Screencasts zusammen, die wir wie oben beschrieben in das LMS eingestellt haben. Die Produktion war zu unserer eigenen Freude in einem sehr überschaubaren Zeitverhältnis (Videozeit/Produktionszeit ca. 1:2) machbar, wobei hier nicht die Maßgabe des „Perfekten“ entscheidend war, sondern die Authentizität zählte.
Mehrwertveranstaltung „Aktiv-Seminar“
Die wichtigste Herausforderung lag in der Gestaltung der Präsenzveranstaltungen. Wir entschieden uns für ein „Aktiv-Seminar“, das in drei Phasen aufgeteilt war. In der ersten Phase konnten die Studierenden Fragen zu den Lehrmaterialien stellen, die dann gemeinsam erarbeitet und beantwortet wurden. In der zweiten Phase brachte der Dozent eine Fragestellung als Transferbeispiel ein, bei dem es darum ging, dass die Studierenden ihr Wissen in der Praxis anwenden und testen konnten.
Schließlich diente etwa die halbe Zeit für die dritte Phase, in der die Studierenden in Kleingruppen (vier Studierende) eine Fallstudie (im vorliegenden Fall eine Netzwerkplanung) bearbeiteten. Hier war der Dozent als Auftraggeber und als Berater gefordert. Das Ergebnis der Fallstudie war eine Netzwerkplanung im Umfang von ca. 30 Seiten, die als Gruppenleistung bewertet wurde. Neben dem Aktiv-Seminar gab es noch Übungsveranstaltungen mit studentischen Übungsleitern und Praktika mit einem Dozenten, um bestimmte Tools und Netzwerkkomponenten kennen zu lernen.
Erfahrungen – Lessons Learned
Die erste Vorbereitung des gesamten Szenarios war sicher erheblich aufwendiger als in der klassischen Form, hat aber den beteiligten Dozenten Spaß gemacht. Die Aktivitäten im Aktiv-Seminar waren in meiner Studiengruppe jeweils abhängig von der Phase. In der Fragephase hätte ich mir deutlich mehr Fragen zu den Inhalten gewünscht, die dann allerdings in der dritten Phase (Bearbeitung der Fallstudie) teilweise nachgeholt worden sind. Insgesamt waren die Aktiv-Seminare durch fachliche Dialoge geprägt, ganz anders als im klassischen Lehr-/Lernszenario. Die Aktivierung der Studierenden war dadurch über den gesamten Semesterzeitraum sichergestellt.
In der abschließenden Evaluation gab die Mehrheit der Studierenden an, dass das Lernen und Erschließen der Inhalte mit Hilfe von Videos für sie einfacher ist als in der traditionellen Vorlesung. Wenn Sie die Wahl zwischen dem neuen und dem traditionellen Konzept hätten, würden sich ca. 88% der Studierenden für das neue Konzept entscheiden. Die größte Herausforderung für die Studierenden war die Bearbeitung der Fallstudie. Obwohl dafür mehr als die Hälfte des Aktiv-Seminars zur Verfügung stand, gelang nicht immer der Transfer des Wissens auf die Aufgabenstellung, so dass hier künftig mehr Anleitung in dieser Phase des Studiums (3. Semester) notwendig ist. Wir leiten daraus einen Handlungsbedarf in der Präzisierung der Anleitung und der Darstellung der Zusammenhänge zwischen der Theorie und der praxisnahen Planung ab.
von Volkmar Langer | Feb. 7, 2013 | Konnektivismus, MOOC |
Im dritten Szenario geht es um eine Personalabteilung eines Konzerns, die sich einer bekannten Herausforderung stellen muss: Die Gewinnung von qualifiziertem Fach-/Führungspersonal vor dem Hintergrund des demographischen Wandels. Nehmen wir an, bei dem Konzern handelt es sich um einen Automobilhersteller, der insbesondere sogenannte MINT-Absolventen als neue Mitarbeiter finden möchte. Die Idee ist hierbei, dass die Personalabteilung (der MOOC-Veranstalter) ein Thema initiiert, das zum Auftrag des Unternehmens gehört. Sagen wir im vorliegenden Beispiel lautet das Thema des MOOCs: „Die Zukunft von Elektroautomobilen – Chancen und Herausforderungen“. Die gute, offene Kommunikationsstrategie des Unternehmens stellt ihre Absicht (Gewinnung von neuen Mitarbeitern) gleich zu Beginn vor und erhofft sich damit eine zusätzliche Motivation. Beiträge aus dem Wissensbereich/-management des Unternehmens dürfen natürlich nicht einem betriebsinternen Sperrvermerk unterliegen (sicher eine besondere Herausforderung!).
Kundensegmente – Für wen schöpfen wir Wert?
Die erklärte Absicht ist das Recruiting von Fachpersonal, d.h. das Unternehmen selbst ist ein interner Kunde der Personalabteilung. Interessenten, Hochschulabsolventen und ganz besonders die aus den MINT-Fächern (hier nochmal segmentiert speziell Ingenieure) bilden das zentrale externe Kundensegment.
Wertangebote – Welchen Wert vermitteln wir der Zielgruppe?
Dem internen Kunden wird die Dienstleistung des Personalrecruitings angeboten. Die Fachabteilungen haben ihre Bedarfe festgelegt, die mithilfe der Personalabteilung gedeckt werden sollen. Den externen Kunden werden attraktive Stellenangebote offeriert, obwohl natürlich die Aufmerksamkeit durch die Veranstaltungsform MOOC im Vordergrund steht. Der grundsätzliche Mehrwert für alle Interessenten und Absolventen ergibt sich aus den angebotenen Materialien zum Thema sowie den Expertenbeiträgen und den Feedbacks auf Teilnehmerbeiträge – quasi ein großer kostenloser Wissenspool zum o.g. Thema. Eben ein kostenloses offenes Lernangebot aus erster Hand.
Kanäle – Über welche Kanäle können unsere Zielgruppe erreicht werden?
Die Bewerbung kann zunächst über alle klassischen als auch elektronischen Medien erfolgen. Der MOOC selbst wird via Web und insbesondere über Social Media betrieben. In der Endphase (Auswahl von Bewerbern) finden persönliche Gespräche mit potenziellen Bewerbern statt.
Kundenbeziehungen – Welche Art von Beziehungen erwartet unsere Zielgruppe?
Die wichtigste Kundenbeziehung besteht auch hier darin, dass die MOOC-Community gepflegt wird. Ein echter Mehrwert für Interessenten besteht im qualifizierten und damit hier sehr praxisnahen Feedback zu eigenen Beiträgen/Fragen. Grundsätzlich hält die Mitbeteiligung der Teilnehmer das gesamte Lehr-/Lernszenario lebendig.
Einnahmequellen – Für welche Werte sind unsere Kunden bereit zu bezahlen?
In diesem Modell werden keine direkten extern Einnahmen generiert. Intern könnte natürlich das Personalwesen auch wie ein Profitcenter gesehen werden ;-). Die eigentliche Wertschöpfung des Unternehmens besteht quasi in der Gewinnung von qualifizierten Mitarbeitern und bestenfalls in einem Imagegewinn. Der Erfolg dieses Modell muss sich dann an den klassischen Aufwänden für Marketing und Personalrecruiting messen lassen. Ggf. ein weiterer Aspekt sind die erarbeiteten Teilnehmerbeiträge, die ebenfalls wertschöpfende Beiträge liefern könnten.
Schlüsselressourcen – welche sind erforderlich?
Die Personalabteilung hat die Aufgabe eines Initiators. Für das Betreiben des MOOCs sollte sie ein Projektteam von internen und externen Experten zusammenstellen. Es gilt MOOC-Experten als Berater zu gewinnen. Dabei stellen die vorhandenen Netzwerke, also Beziehungen zu Schlüsselpartnern die wichtigste Ressource dar.
Schlüsselaktivitäten – Recherche, Qualitätssicherung, Betreuung und Beratung
Nach der Gewinnung des Projektteams ist die eigentliche Personalabteilung erst wieder in der Endphase (Bewerberauswahl) gefordert. Das Expertenteam hat neben dem eigentlichen Betrieb des MOOCs (Qualitätssicherung, Betreuung und Beratung) zusätzlich die Aufgabe Talente zu entdecken. Dazu ist eine gezielte Auswertung von Teilnehmerbeiträgen erforderlich, die anschließend an die Personalabteilung für die Endphase weitergeleitet wird.
Schlüsselpartnerschaften – Inhalte, Experten und Lehrbeauftragte
Auch hier sind die Schlüsselpartnerschaften wieder das zentrale Element: Angefangen von der didaktischen Konzeption, der Bereitstellung von Inhalten bis hin zum eigentlichen Betrieb (Betreuung der Lernenden) des MOOCs sind Hochschulen sicher als wichtige Partner zu sehen. Darüber hinaus könnten weitere Bildungs- oder Forschungsinstitute beteiligt werden. Auch das Expertenwissen von Zulieferern könnte wertvolle Beiträge zusteuern.
Kostenstruktur – welche sind hier besonders zu berücksichtigen?
Im Wesentlichen kommen hier die laufenden Personalkosten (intern/extern) zum Tragen sowie Honorare für Beratung, Expertenbeiträge und die Vergabe von Lehr- und Betreuungsaufgaben. Ebenso entstehen Kosten für den Betrieb der technischen Infrastruktur usw.
Welche Ideen/Anregungen/Fragen haben Sie zu diesen noch sehr simplen Modellen?
von Volkmar Langer | Feb. 6, 2013 | Konnektivismus, MOOC |
>Im Gegensatz zum ersten Modell soll hier die Initiative von Bildungsanbietern (z.B. VHSn oder private Institute) ausgehen, die Weiterbildung im Sinne des lebenslangen Lernens anbieten. Durch einen blended MOOC Ansatz können auch weniger Internet-affine Zielgruppen angesprochen werden. Blended MOOC (bMOOC) kann bedeuten, dass Lernen und Betreuung auch in Präsenz stattfindet oder/und in geschlossenen Lernräumen, also z.B. in einem LMS. Mit diesem Ansatz sollen Brücken gebaut werden, zwischen der vollkommen offenen Welt (MOOC) und den Kompetenzen/Vorlieben des Teilnehmers. Schon in einem ersten bMOOC (#ocwl11 Open Course Workplace Learning 2011 von J. Moskaliuk) äußerten die Teilnehmer den Wunsch nach einem mehr geschütztem Lehr-/Lernraum, also einem LMS. Die Hemmschwelle für eine offene Partizipation ist auch aufgrund fehlender Medienkompetenz ein Hauptgrund für die hohe Zahl von Lurkern in MOOCs (vgl. auch linke Seite bei Jasmin Hamadeh). Auch das sinngemäße Zitat von Ton Zijlstra: „Oftmals zu finden bei gut funktionierenden Communities of Practice: Menschliche Bedürfnisse bestimmen die Grenzen von Offenheit – geschlossene Lernräume sind oft wichtige Bedürfnisse der Lerner!“ unterstreicht diesen Bedarf. Genau hier setzt dieser Vorschlag an.
Kundensegmente – Für wen schöpfen wir Wert?
Abhängig von den angebotenen Themen werden hier Bildungsinteressenten mit einer „mittleren Internetaffinität“ angesprochen. Auch für Personalentwickler, die für ihr Unternehmen externe Angebote suchen, könnte ein solches Angebot in Frage kommen.
Wertangebote – Welchen Wert vermitteln wir der Zielgruppe?
Angeboten wird eine qualitätsgesicherte Auswahl von Weiterbildungen, die ggf. auch auf Externenprüfungen (Kammern, Verbände) vorbereiten können oder zu einer Anrechnung auf Hochschulstudiengänge führen (offene Hochschule und Anrechnung, vgl. z.B. in Niedersachsen). Speziell für die Gruppe der Personalentwickler: Beratung für Personalentwickler mit der individuellen Zusammenstellung von Weiterbildungsmaßnahmen auf der Basis von bMOOC-Formaten.
Kanäle – Über welche Kanäle können unsere Zielgruppe erreicht werden?
Die Bildungsanbieter nutzen zur Bewerbung des neuen Angebotes ihr Netzwerk: Wie erreichen wir unsere Zielgruppe jetzt? Welche Kanäle funktionieren am besten und sind am kosteneffizientesten? Für die Endkunden/Teilnehmer gilt: Die Distribution der Inhalte und die Betreuung kann über ein LMS (am besten mit Social Media Anbindung) erfolgen, um einen geschützten (behüteten) Lernraum anzubieten. Zusätzlich werden Präsenzveranstaltungen mit Experten angeboten (bMOOC-Ansatz). Die Personalentwickler erwarten eine umfassende persönliche Beratung die für ihr Unternehmen maßgeschneidert ist.
Kundenbeziehungen – Welche Art von Beziehungen erwartet unsere Zielgruppe?
Ähnlich im Vergleich zum ersten Modell steht hier die intensive Pflege von Communities, d.h. die Förderung des Austausches der Teilnehmer untereinander im Fokus. Ebenfalls gilt hier die Mitbeteiligung an der Gestaltung der Inhalte bzw. Setzung von Schwerpunkten fördert die Kundenbeziehung. Das Kundensegment „Personalentwickler“ braucht natürlich eine andere Beratung, Betreuung und Einbeziehung als der einzelne Endkunde/Teilnehmer.
Einnahmequellen – Für welche Werte sind unsere Kunden bereit zu bezahlen?
In diesem Modell könnten Kursgebühren die Einnahmen generieren. Denkbar wären z. B. zwei unterschiedliche Gebührenansätze: 1. Pauschale Kursgebühr: Der Teilnehmer zahlt ähnlich wie in klassischen Kursen für den zeitlich begrenzten Zugang, die Teilnahme und die Betreuung eine pauschale Kursgebühr. 2. Zahlung nach Aufwand: Je nachdem an wie vielen Präsenzveranstaltungen der Teilnehmer teilnehmen möchte. Ggf. noch weiter nach Beratungsaufwand differenziert mit Hilfe von Micropayment-Systemen. Für die Zielgruppe der Personalentwickler fallen entsprechende Beratungsgebühren an.
Schlüsselressourcen – welche sind erforderlich?
Wiederum steht das Fachpersonal als wichtigste Schlüsselressource im Vordergrund. Viele Bildungsanbieter arbeiten hier sinnvollerweise mit Honorarkräften. Bei der Auswahl dieses externen Fachpersonals ist die Qualitätssicherung der entscheidende Punkt (vgl. Schlüsselaktivitäten). In diesem Szenario sind Räumlichkeiten und technische Infrastruktur erforderlich. Beides könnte in gewissem Rahmen angemietet werden (vgl. Kostenstruktur).
Schlüsselaktivitäten – Recherche, Qualitätssicherung, Betreuung und Beratung
Der Bildungsanbieter braucht idealerweise keine selbstproduzierten Inhalte für seine Angebote zu entwickeln und zu produzieren. Die Schlüsselaktivität liegt in dem didaktischen Konzept und der Auswahl/Zusammenstellung (kontinuierliche Recherche) der frei verfügbaren Materialien. Dabei sind wiederum die Schlüsselpartner von entscheidender Bedeutung. Wegen des Einsatzes von Lehrbeauftragten ist die Auswahl mit Sicherung der erforderlichen Medienkompetenz eine zentrale Aufgabe der Qualitätssicherung. Darüber hinaus sollten auch die Fremd-Inhalte geprüft werden, soweit das in einem MOOC überhaupt möglich ist ;-). Im hier gewählten bMOOC-Format ist eine Betreuung via LMS sowie auch der Präsenzveranstaltungen zu berücksichtigen.
Schlüsselpartnerschaften – Inhalte und Lehrbeauftragte
Schlüsselpartner könnten MOOC-Anbieter zu verschiedenen Themenbereichen, sowie Bildungseinrichtungen (Fachschulen, Hochschulen, private Anbieter) selbst und Produzenten von freiverfügbarem Content sein. Je vielfältiger dieses Netzwerk ist, umso vielfältiger kann das Angebot gestaltet werden. Letztlich ist das Finden und die Auswahl geeigneter Partner eine weitere Schlüsselaktivität, die entscheidend zur Qualitätssicherung beiträgt.
Kostenstruktur – welche sind hier besonders zu berücksichtigen?
Zu den Betriebskosten (im Wesentlichen Räumlichkeiten und technische Infrastruktur) kommen Personalkosten für festangestellte Mitarbeiter sowie Honorare für die Vergabe von Lehr- und Betreuungsaufgaben. Ggf. sind noch Lizenzgebühren für LMS oder zusätzliche Inhalte (Anreicherung durch Expertenmeinung) erforderlich.
Fortsetzung folgt morgen: Talent fishing in MOOCs 4#4